Der letzte Abend der Veranstaltung widmete sich dem Körper
Der Körper erscheint uns immer wieder als Träger unseres Selbst. Deshalb wird er besonders hergerichtet, gekleidet, geschminkt, tätowiert und gepierct, trainiert und operiert und umgekehrt auch gegen jeden Eingriff verwahrt und geschützt. Dabei generiert und figuriert er sich ständig neu, kann gar zum Medium werden, das sein Geschlecht neu definieren kann. In all diesen Metamorphosen erfindet und findet er sich und verliert sich im gleichen Zug auch wieder selbst.
Masha Dimitri
Workshop: Immer Ich!
Spiele der Wahrnehmung. Die Aussage des Ichs mit physischen Ausdrucksmitteln, durch die theatralische Improvisation.
Franz Bockrath
Der Einzige und sein Handy
Der Körper gilt heute allgemein als Objekt der Gestaltung. Er wird verändert, geformt, modelliert und optimiert. Seine Sichtbarmachung steht dabei im Vordergrund. Während im traditionellen Sport der Körper vor allem hinsichtlich seiner Funktionalität und Leistungsfähigkeit bearbeitet wurde, fungieren moderne Abenteuer- und Risikosportarten (Basejumping, Parkour, Freiklettern, Drachenfliegen etc.) heute vor allem als Bühne zur Selbstdarstellung. Präsentiert werden wagemutige, flexible, virtuose, beschleunigte sowie selbstbeherrschte Körper. Es sind nicht mehr nur Erzählungen über vermeintliche Heldentaten, die öffentliche Aufmerksamkeit garantieren. Da der Körper selbst im Spiel ist und hierbei durch Handy- oder so genannte „Hero Action Kameras“ in Echtzeit aufgenommen werden kann, lässt sich das eigene Tun über entsprechende Medienportale im Internet auch direkt sichtbar machen. Durch diese Art der Verbildlichung wird die mythische Erzählung über sich selber frei verfügbar, massenhaft konsumierbar, beliebig wiederholbar und dadurch zugleich öffentlich beglaubigt. Diese Form der Selbst–Narration wäre ohne die große Verbreitung von Digitalkameras nicht möglich. Der Einzelne kann sich als „Einziger“ inszenieren und sich dabei der Aufmerksamkeit seiner „Follower“ wenigstens für den Moment gewiss sein.
Thomas Schoenberger
Die Praxis des Criusing im Stadtraum. Fotografische Dokumentationen an den West Side Pears im New York der 1970iger Jahre.
Für eine begrenzte Zeit formt der spezifische Ort die körperliche Bewegung. In den zerfallenden West Side Piers der siebziger und achtziger Jahre wird das Cruising zum selbstbewussten Umgang mit dem eigenen Körper.
Die Sexualisierung des spezifischen Ortes soll anhand der dokumentarischen Fotografien des Aktivisten und Historiograf der Gay Szene in New York im Vortrag visualisiert werden. Die Fotos dokumentieren, wie sich in der Christopher Street in New York City die Szene der Homosexuellen konstituierte, outete und für ihre Rechte demonstrierte. In seinen Fotografien erfasste Fink eine Entwicklung der Sexualisierung der West Side Piers, die zeitgleich zum Ausgangspunkt neuer künstlerischer Interventionen wurde.
Seine Fotografien sind visuelle Aufzeichnungen des Zerfalls der heute nicht mehr bestehenden Piers.
Vito Acconci, Gordon Matta-Clark, Richard Serra und viele andere nutzten die Authentizität dieses Ortes für ihre installativ-performativen Arbeiten. Die Arbeiten von Leon Funk sind nicht nur ein Zeugnis dafür, dass die damalige Gegenwartskultur die Subkultur ausgeschlossen hatte, sondern auch dafür, dass die Subkultur die Hochkultur durch ihre Lebensentwürfe erst inspirierte.
Nils Amadeus Lange
Stock Portrait oder eine Arbeit zu Erika Mustermann.
In meinem Workshop setzten wir uns drei Tage mit der Frage auseinander, wie wir ein Performance-Porträt von uns selbst entwickeln können, bei dem wir uns fast ausschliesslich fremdgenerierten Material bedienen.
Stock Images sind in den letzten Jahren zu einem immer grösseren, nicht mehr aufzuhalten Paradigmenwechsel geworden und haben die Ästhetik einer ganzen Generation geprägt. Es handelt sich dabei um vorproduzierte Bilder, deren Lizenzen wir von online Agenturen erwerben können. Firmen kaufen sogar Porträts von fremden Menschen, um Werbung im eigenen Zwecke zu machen.
In einer Zeit von Autorenschaft möchte ich in diesem Workshop über die kommende Zeit der Post Autorenschaft nachdenken und ihre nachgehen, indem wir über generelle Methoden der Beschaffung von Fremdmaterial und dessen Transformation in eine Performance nachdenken. Dabei geht es hauptsächlich darum aus Videos und Fotos, die wir online finden Sequenzen zu entwickeln, die wir durch sampling zu unserem eignen Material machen und ihren Kontext dadurch verändern. Durch Notation und eine simple Partitur können die einzelnen rhythmisiert und sind ablesbar und dokumentiert.
Garrett Nelson
Polyformulous Intertext and the Dubios Nada Nada Bird Extinction.
Garrett Nelson will be revealing a link between the multiplicitous characters and incarnations of his often solo performances through the narrative of an expidition in search of the recently extinct Nada Nada bird. We will follow him as he treks through verdant scenery, risking perilous encounters with wild animals, and finally for the first time we will here the rare call of a bird thought to have been lost to climate change and habitat destruction.
Video und Schnitt: Milos Savic